Schwarzmalerei - Eine Ausstellung mit Werken von Martina Pippal
Martina Pippals frühe, meist großformatige Bilder, die hier im Palais Kabelwerk zum Zyklus Schwarzmalerei zusammengefasst sind, verstehen sich als Medium der Analyse, oft genug der Selbstanalyse.
Ausgangspunkt ist jeweils die Diagnose menschlicher Beziehungen und damit verbundener psychologischer Phänomene.
Diagnostiziert sind Symbiose (Kriegerwitwe), Rollenwechsel (Anna-Selbdritt), Verlustangst (Dornröschen), Isoliertheit, der Eindruck, Welt fände woanders, nämlich in und zwischen den anderen statt (Schülerkonzert) etc.
Sichtbar gemacht werden diese Phänomene durch den Einsatz der Rhetorik vergangener Jahrhunderte: durch ikonographische Motive und stilistische Momente der Renaissance und des Barock, die sich der Tatsache verdanken, dass Künstler damals die paganen wie christliche Mythen der Antike (nocheinmal) zum Leben erweckten.
Die Zitate, die auf Pippals Bildern mit anderen (aus der Moderne, dem Historismus, dem ostasiatischen Raum, Zeitungen etc.) – teils in palimpsestartigen Strukturen einander überlagernd – miteinander in einen Dialog treten, verdeutlichen in poststrukturalistischer Weise, dass diese Mythen unsere Empfindungen, Erklärungsmuster und (mangelnden) Handlungsstrategien bis heute bestimmen, ja fesseln und knebeln (das belegt umgekehrt die Schwammigkeit des Begriffs “Borderline Syndrome”, der – ganz modern –naturwissenschaftlich konzipiert – ohne den Fluchtpunkt des Mythos auszukommen sucht).Die Künstlerin betreibt hier artistic research, aber nicht, in dem sie ihrer praktischen Arbeit (in diesem Fall) an der Staffelei eine Phase der Recherche – also eine kürzere oder längere Auseinandersetzung mit vorhandenen und in der Regel publizierten Forschungsergebnissen – vorangehen lässt, sondern indem sie permanent zwischen den Welten Forschung (Kunst- und Kulturwissenschaft) und Kunst, oft gleichzeitig in beiden unterwegs ist.
Sehr bewusst wählte sie in diesem Falle die traditionellen Mittel Ölmalerei und Leinwand, um sich dadurch der Herausforderung der neuen narrativen Malerei, “Geschichtenerzählern” wie Neo Rauch, Henning Kles oder Till Gerhard, zu stellen.
Martina Pippal lebt und arbeitet als Künstlerin und Kunstwissenschaftlerin in Wien und New York.