Der Vinschger Nr. 9, 01. Jänner 1999, Hans Wielander
BOZEN. "Die Macht simpler Bilder wirkt, und nicht nur dann, wenn vier Teufel mit gereckten Phalli, von tiefrotem Licht umwogt, auf der Empore zu Pauken und Getöse tanzen und sich ranken, als begatteten sie das Kirchenschiff." Dies schrieb die Neue Zürcher Zeitung zur Aufführung der Hirlanda in der Wiener Jesuitenkirche - auch Universitätskirche genannt - im Mai 1998. Dieses Legendenspiel ist "eine der wildesten und schönsten Blüten der barocken Bilderflut des Katholizismus in den Alpen." Dieses erstmals als Spieltext edierte Trauerspiel über die Fürstin Hirlanda erschien im Bozner Folio Verlag als Buch. Herausgeber ist Anton Bernhart aus Prad. Die Laaser Handschrift „Hirlanda" ist seit 1987 Eigentum der Volksbühne Laas, ein Geschenk von Hw. Herbert Haas.
Für die Wiener Aufführung ist der Naturnser Hannes B. Pircher SJ als treibende Kraft zu nennen. In einer Probenpause lernte ich ihn kennen, den Naturnser Jesuiten, besser gesagt, er ist auf mich zugegangen, weil er den heimatlichen Dialekt hörte. Erklärungen folgten: Hirlanda wäre geschrieben worden im gleichen Jahr, in dem auch die Zauberflöte von Mozart erstmals aufgeführt wurde, also 1791, als Mozart (und sein Librettoschreiber Schikaneder) diesen musikalischen Hymnus auf die religöse und moralische Toleranz den Wienern und der Welt schenkte.
Der Autor, besser Schreiber, ist 1739 in Laas geboren, heisst Udalricus von Federspill, war mit Maria Baronin von Haußmann verheiratet, hatte zusammen mir ihr fünf Söhne und starb 1794 an einer "lungl endzindung" in Laas, dortselbst begraben.
Die Wiener Jesuitenkirche ist das Maximum triumphierender Katholizität. Eine Drehbühne aus der Barockzeit: Vorne der Altar bühnenmässig als Schiff aufgebaut mit Maria und Christus am Steuer. Gegenüber - auf der Orgelseite - der Thron Satans, gekennzeichnet durch eine Glitzerkugel, wie in einem Nachtlokal und natürlich mit seinem Gefolge von Teufeln und schönen Frauen also zwischen Altar und Orgel die unglückliche Hirlanda. Im Kirchenschiff die bretonische Fürstin, die in Abwesenheit ihres Gatten verleumdet wurde: sie muss fliehen, verbirgt sich als Schafhirtin, wird schliesslich zum Feuertod verdammt und dann natürlich gerettet.
Das alles entwickelt sich als ein Tauziehen zwischen Altar und Orgel, zwischen Christus und Satan, zwischen Nato und Serbien. (...)