Österreichische Musikzeitschrift, 1-2 / 2005, Jutta Hoepfel
7 Opern-Clips. Innsbruck, Wien (UA 31.10.2004)
Sieben auf einen Streich, nämlich Opern-Uraufführungen an einem 2-Stunden-Abend, dürften kaum ihresgleichen haben: Die sogenannten "Operellen" verdanken ihr Entstehen einem Auftrag des Wiener sirene Operntheaters und erblickten, heftig akklamiert, in den Kammerspielen des Tiroler Landestheaters das Rampenlicht, um nach fünf Aufführungen an das Wiener Jugendstiltheater zu übersiedeln.
Opern auf Milllimeterpapier: Der krativen Energie auf die Sprünge halfen die vorgegebenen Figuren Johann und Johanna, Zwerg, Dieb und - Voltaire. Und ein an Strawinskys "Geschichte vom Soldaten" erinnerndes Instrumentarium, das sich als einsatzfreudiges Tiroler Ensemble für Neue Musik (TENM) vorstellte und unter seinem tüchtigen Dirigenten Dorian Keilhack flexibel und präzis auf die 15-Minuten-Partituren einging.
Man sah und hörte witziges und absurdes, kontemplatives und existenzialistisches Theater mit gelegentlichem Hang zum Melancholischen. Hintergründige Ideen lieferten Zitate und Assoziationen am laufenden Band; Voltaire als "roter Faden" evozierte Reminiszenzen an Zürichs dadaistisches Cabaret Voltaire.
Mit Rosen als Geschoßen und einem rotpulsierenden Herzen operierte Autor Walter Titz mit spritziger Musik von Peter Planyavsky im Stück "HerzLosZeitLos"; "Schock - ein Hunderennen" nannten Hosea Ratschiller und Lukas Tagwerker ihr von Akos Banlaky rhythmisch markant komponiertes Libretto; ins Tragisch-Biographische zielte Hermes Phettbergs "Schutt", das Gilbert Handler einfühlsam vertont hat. Auch in Friederike Mayröckers meditativer "Stretta" mit der textnah versonnenen Musik von Wolfram Wagner läßt sich unschwer eigene Lebenserfahrung ausmachen. Wolfgang Bauer, der sich ja schon früher mit musikbezogenen "Mikrodramen" beschäftigt hat, schuf mit dem Berliner Komponisten Jury Everhartz eine Streichquartettparodie "Das gestohlene Herz", während "Die vertauschten Köpfe" von Radek Knapp mit der originellen Musik von Christof Dienz eine Assoziationskette in Gang setzten, die von Salome bis zur Transplantations-Chirurgie reichte. Als Finale hatte Regisseurin Kristine Tornquist ihr eigenes, von Kurt Schwertsik amüsant vertontes Stück "Schlaf der Gerechten" angesetzt, in dem es um Eitelkeit und Selbstbetrug im Ehebett geht.
In der betont komödiantischen Inszenierung, der Walter Vogelweiders putziges Bühnenbild - eine schräge bunte Kiste mit vielen Fenstern und Türen - und Julia Libisellers Kostüme bestens dienten, glänzten als Gesangssolisten Renate Fankhauser, Shauna Elkin, Dan Chamandy und Michael Wagner, die flexibelk in ihre verschiedenen Rollen schlüpften; dazu trug Klaus Rohrmosers Sprach- und Darstellungskunst als "Voltaire" feine Facetten bei.
Insgesamt ein geistvolles Vergnügen!