Salzburger Nachrichten, 2. November 2004, Helga Reichart
"Operellen" für Kluge - Sieben Uraufführungen im Fünfzehnminutentakt am Tiroler Landestheater
Brigitte Fassbaender zeigt sich gerne risikobereit. Im Gegensatz zu anderen Landesbühnen stieg die Innsbrucker Intendantin nach einer Anfrage sofort in die Koproduktion mit dem sirene Operntheater Wien ein. Gefragt - getan! So schwang sich am Sonntag in den Tiroler Kammerspielen mit der Uraufführung "7 Operellen" (das ist eine neue Wortschöpfung) zeitgenössisches absurdes Musiktheater im Fünfzehnminutentakt charmant-quirlig auf die Bretter.
Das Tiroler Ensemble für Neue Musik (Leitung Dorian Keilhack) und die Regie (Kristine Tornquist) sorgen mit sieben Autoren und Komponisten (darunter Friederike Mayröcker, Hermes Phettberg, Wolfgang Bauer, Kurt Schwertsik, Wolfram Wagner und Christof Dienz), vor allem aber mit geschliffenen Sängern und Sängerinnen für etwas Neues: Für pfiffig-schrägen, skurril-rätselhaften, surreal-poetischen Operellen-Genuss in unterschiedlichen musikalischen und dramaturgischen Stilen sowie Inhalten. Sieben winzige Opernperlen sind kurz aber prägnant gefasst zu einer lustvoll vertonten Perlenschnur.
Das Bühnenbild (Walter Vogelweider) ist ein Planet wie eine Spielzeugschachtel, aus der die Bewohner schnelllebig herauskrabbeln. Eine Population von fünf Personen - nicht mehr. Und doch ist es eine von "Millimeterkrisen und Miniaturkatastrophen" geschüttelte Miniwelt-AG: Ein Paar, ein Zwerg, Voltaire und ein Schauspieler. Die Sänger - Renate Fankhauser, Shauna Elkin, Dan Chamandy, Michael Wagner - sind sprach- und tonsensibel bestechend gut, kurz angebunden, aber keinesfalls kurzatmig. Klaus Rohrmoser, der Sprecher, schließt auf dieses hohe Niveau auf.
Um was es sieben Mal operellig geht? Auch für knifflige Köpfe ist das nicht leicht auszutüfteln. Doch verfolgt man den roten Faden, der sich um Voltaires verloren gegangenes, pochendes Herz windet (das ihm ja entnommen und einbalsamiert wurde) und die sieben Miniopern lose aneinander knüpft, dann verstärkt sich das Gefühl: Hier könnte vielleicht eine gemeinsame, zeitkritische Geschichte erzählt worden sein.
Und das Publikum hat´s offensichtlich toll gefunden.