Der Neue Merker - 16. September 2011, Hans Peter Nowak
Schönbrunner Schlosstheater: sirene Operntheater: „Türkenkind“
Als Nachtrag zu den 1001-Nacht-Kurzopern ein einziges grösseres Werk von etwa 70 Minuten. Die sehr hörenswerte Musik lässt manchmal an Hindemith denken, stammt von Wolfram Wagner und ist auf einen Text von Kristine Tornquist komponiert. Dieser Text bezieht sich auf das Buch "Maria Theresias Türkenkind. Die abenteuerliche Lebensgeschichte der Anna Maria Königin" von Irène Montjoye.
Kristine Tornquist besorgte auch die Regie, die äusserst sparsam ist. Nur drei Personen sind auf der Bühne, nur eine davon singt: Nina Plangg, Sopran, ist das Türkenkind und singt fast pausenlos ihre Lebensgeschichte, an einer Stelle singt sie mit wesentlich tieferer Stimme auch die Antworten der Kaiserin Maria Theresia. Eine tolle Leistung, sich Text und Gesangsstimme über diese lange Zeit zu merken! Assistiert wird ihr von zwei "Engeln": Daniel Mavambu Biba und Anderson Pinheiro da Silva. Die stellen aber auch Möbel um, helfen der Titelheldin beim Ablegen der zwiebelschalenförmig angezogenen Kostüme, tanzen und gestikulieren, aber sagen oder singen kein Wort. Nina Plangg geht einmal Blumen streuend durch den Theatersaal, um ihre Ankunft in Wien 1745 zu illustrieren.
Gewöhnungsbedürftig ist das Rückschreiten der Handlung von 1803 bis 1737, also die Rückblende zur Rückblende etc. Ich mag so etwas normalerweise nicht, war am Schluss aber doch überzeugt. Es endete damit, dass das siebenjährige Waisenkind überlegt, was das Leben wohl bringen wird, es begann mit der 73jährigen im Jahre ihres Todes.
Jury Everhartz (auch er ein Komponist einer 1001-Nacht-Oper) leitete ein Ensemble von Studierenden der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, bestehend aus vier Streichern, sieben Bläsern, Schlagwerk und Ud (arabische Laute). Der Beifall war sehr begeistert.
Vor Beginn der Oper gab es im Saal einen Marktplatz der Klänge, also eine gewollte Schallkulisse, nach der Oper im Foyer eine Improvisation (jam session) zum Thema "Integration", teilweise mit Themen aus der arabischen Volksmusik.