terz Magazin, 05. November 2011, Andrea Huber-Haskova
Ein Abend voller Wahnsinn. Vogel Herzog Idiot in der Wiener Kammeroper
Vom Theater an der Wien wurde im November ein kleines, dafür aber sehr erfrischendes Werk, das dem Publikum eine ordentliche Dosis an Skurrilität verabreichte, uraufgeführt. An der Entstehung von Vogel Herzog Idiot arbeiteten im Hintergrund ungewöhnlich viele KünstlerInnen: die Mono-Opern für Bassbariton wurden von drei unterschiedlichen KomponistInnen und drei LibrettistInnen, alle aus unterschiedlichen Teilen Europas stammend, geschaffen.
Diese interessante Mischung brachte dem Wiener Publikum ein köstliches Theatererlebnis. Das Werk besteht aus drei Mini-Mono-Opern, die ihren Stoff aus der klassischen Opernwelt beziehen. Jedes Stück ist eine Anspielung auf unterschiedliche bekannte Bassbariton-Opernrollen. So schlüpfte der Sänger Rupert Bergmann in die Figuren von Boris Godunow, Herzog Blaubart und Papageno.
Die einzelnen Stücke beziehen sich auf drei vollkommen unterschiedliche Arten auf die klassische Theaterwelt. Der Teil Blaubarts entstand aus einer philosophischen Auseinandersetzung des ungarischen Komponisten Samu Gryllus und des Librettisten András Bán mit der Geburt Herzog Blaubarts (in der Wiener Inszenierung aus einem bizarren Pappkopf heraus).
Die anderen zwei Werke Heute Abend Boris Godunow und Papagenono - Eine Ausflucht sind eher komische Opern, witzig, ironisch, in der wunderbaren Interpretation von Bergmann skurril und sehr unterhaltsam.
Heute Abend Boris Godunow von der ukrainischen Komponistin Karmella Tsepkolenko ist ein grotesker Auftritt des Godunow-Protagonisten, der vor dem Vorstellungsbeginn nach Hause zum Brathähnchen flüchtet.
Die wahrscheinlich bekannteste Bassbariton-Opernfigur Papageno wurde im Libretto von Franzobel in eine lustige Müllmannfigur verwandelt. Sein „Papagenono“ beklagt sich im tiefsten Dialekt über seine schwere Lage, über tote Vögel oder das Verbot von Vogelhandel. Die Komposition dazu von Johanna Doderer ist eine sehr gelungene Paraphrase auf das bekannte Original.
Die Regisseurin Kristine Tornquist und der Bühnenbildner Roman Spiess inszenierten die Kammeroper ganz minimalistisch, wobei sie den Bühnenvorhang nicht einmal öffnen mussten. Alles geschieht vor dem Vorhang und im Publikum. Papagenono spaziert mit seinem Müllcontainer teilweise mit halbnacktem Körper durch die Zuschauerreihen. Die physische Nähe des Protagonisten wirkt verstörend, skurril, merkwürdig wie der ganze Abend.
Schon fast gezwungen komisch dagegen wirkt der Bär, die immer wieder auf der Bühne erscheinende zweite Figur. Insgesamt war es jedoch ein sehr amüsanter und kurzweiliger Abend.
Es ist immer wieder sehr erfreulich festzustellen, dass zeitgenössische Musikwerke das Publikum auch zum Lachen bringen können. Diese Produktion hat wunderbar bewiesen, dass es möglich ist.