Burka Baazi
Verbergen und Zeigen – Kristine Tornquist
Verborgen wird meistens das besonders Interessante. Die Goldreserven im Safe. Die Skandale in geheimen Akten. Die Nacktheit in der Kleidung. Noch vor hundert Jahren verbargen auch in Europa die ländlichen Frauen ihre Haare unter Kopftüchern und Männer bedeckten ihren Kopf anständigerweise mit einem Hut. Vor 1200 Jahren trugen im Kalifat nur vornehme Frauen den Schleier als Privileg, einfache Frauen blieben unverschleiert. Der Schleier kommt und geht wie alle anderen Moden, doch immer zeichnet er für die religiöse, kulturelle oder politische Macht die Grenze des Öffentlichen zur Intimität auf den Körper ein. Die Burka – als nur eine Variante der Ganzkörperverschleierung im Nahen Osten – lässt den Frauen nur Hände und Füsse als öffentliches Körperteil, alles andere ist ausgelöscht und in die Intimität gesperrt, auf die familiäre und sexuelle Funktion reduziert. Nach diesem Kriterium müsste man der westlichen Welt ein fast verzweifeltes Desinteresse am Körperlichen attestieren, den afghanischen Taliban dagegen perverse Lüsternheit, da ihnen der weibliche Körper so aufreizend interessant erscheint, dass er bis zur Nase verborgen und tabuisiert werden muss. Eine so verschlossene, schützenswerte und geheime Sache wie der Frauenkörper in Afghanistan weckt eine ungeheure Neugier und Attraktion. Denn welches kostbare Wunderwerk ist unter dem blauen Kunststoff verborgen? Die afghanische Frauenband „Burka“ gibt darauf eine Antwort mit Galgenhumor:
I have to wear a burqa, my burqa, it is blue.
My mother wears a burqa, my father wears it too.
We all wear now a burqa, you don´t know who is who.
If you want to meet your sister, it can be your uncle too.
You give me all your love, you give me all your kisses,
and then you touch my burqa, but you wont know who is it...
Das Verborgene wird sich eines Tages wieder zeigen können. Wollen wir es hoffen.
Akos Banlaky über seine Komposition
Orient und Ornament sind, so scheint es mir, wesensverwandt. Den statisch-monolitischen Strukturen der Region zwischen Marokko und China, die einer grundlegenden Entwicklung der Gesellschaft wie auch des Einzelnen wenig Raum bieten, entspricht eine Kunst, wo der Mensch kein zweifelnd-suchendes Subjekt, sondern ewiger Archetyp der Fabel ist, Held von Abenteuern, aus denen er unverändert hervorgeht; eine Kunst, die - ob maurische Bauwerke oder chinesische Oper, ägyptisches Maqam oder balinesischer Tanz - uns mit der Dialektik von Sinnlichkeit und Abstraktion, Üppigkeit und Monotonie fasziniert. Was aber, wenn der Mensch, genauer gesagt: die Frau – denn in den patriarchalisch regierten, nach klaren religiösen Regeln geordneten Gesellschaften ist immer die Frau das Problem, die Frage, die Dissionanz, das Moll im harten Dur der Kriegstrompeten - aufbegehrt gegen die ihr zugeordnete Rolle, bloß eine verschleierte Dekoration zu sein, wenn sie aus ihrer Schemenhaftigkeit hervortritt, ihre Menschenglieder zeigt und sich befreit in der Ekstase des Tanzes, der Revolution? Eine Frage, die in einigen Gesellschaften der Region vielleicht in unseren Tagen beantwortet wird.
Und was kann da die Musik tun... Sie begleitet diese Selbstentfaltung behutsam und ehrfurchtvoll, mit monotoner, amorpher Polyphonie, pulsierendem Stimmengefl echt, das sich verdichtet und steigert, um dann am hartem Akkord des Gesetzes zu brechen.