Karussell

Text. Radek Knapp / Musik. Mirela Ivicevic | Video
Sopran. Bariton. Tenor / Flöte. Klarinette. Violoncello. Schlagwerk

Radek Knapp lieferte für Mirela Ivicevic eine eine böse Parabel auf die Dominanz des Zeitgeistes. Es ist eine Geschichte von Überraschungsgästen, deren Gastgeschenke nicht ohne Folgen für den Besuchten bleiben: „Karussell“. Für die Komponistin war es das erste Mal, dass sie erst zu einer bereits fertiggestellten Vorlage die Musik schrieb. Es fiel ihr aber nicht allzu schwer, da sie schnell realisierte, dass sie mit dem Autor „die Lust teilte, sich auf die sozialen – in diesem Fall von den Medien pathologisch erzwingenden, konsumfreudigen – Konformitäten und auf deren Auswirkung auf die Lebensqualität des Individuums Schlaglichter zu werfen“.

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Zur Musik

Die Erforschung des reflektiven und subversiven Potentials des Klangs, sei er der primäre oder der unterstützende Teil des Gesamtkonzepts, steht immer im Zentrum meines kompositorischen Interesses.

Meine Klangfiktion besteht aus Realitätssplittern, aus ihrem natürlichen Umfeld in eine surreale Welt entführt, wo sie an- und übereinander gereiht, nackt ausgezogen, hinterfragt, bespielt, belacht, verdreht, wiederbenutzt ... werden, mit dem Ziel aus ihnen alternative Klangkonstellationen und Erlebnisse zu schaffen, die helfen, ihren Wirklichkeitsursprung besser zu verstehen und zu transformieren. Die Themen, die mich dabei am meisten beschäftigen sind Identität, Anderssein, physische und geistige Freiheit sowie die Herausforderungen, denen sie sich in post-jugoslawischen oder anderen zeitgenössischen Gesellschaften stellen müssen. Das Resultat ist oft ein Patchwork der Extreme, schlagartig wechselnder, hyperaktiver Strukturen, deren Lebensläufe das Schicksal der Inhalte in der informationsüberfluteten Welt teilen.

Für das Projekt Gäste/GATES wurde ich vom sirene Operntheater eingeladen, in Radek Knapps Kurzgeschichte Karussell ein musikalischer Gast zu sein. Und, obwohl ich im Bereich Oper mehr an die Rolle der „Konzeptgastgeberin“ gewohnt bin, habe ich ziemlich leicht in das Gefühl "sich wie zuhause zu fühlen" gefunden, denn es hat sich herausgestellt, dass Radek und ich die Lust teilen, auf die sozialen - in diesem Fall von den Medien pathologisch erzwingenden, konsumfreudigen - Konformitäten und auf deren Auswirkung auf die Lebensqualität des Individuums Schlaglichter zu werfen.

Die Zähmung der (künstlerischen) Freiheit, unvermeidlich in der Rolle eines Gastes, wurde durch die spannende Möglichkeit ausgeglichen, in die Ideenwelt eines anderen hineintauchen zu können und sie mit eigenen klanglichen Vorstellungen in einem neuen Werk zu vereinen.

Mirela Ivicevic
mica Lexikon