Chronologie Michail Chodorkowski
1981-1986
Studium der Chemie, Michail Chodorkowski wird Mitglied einer Brigade des Komsomol. Aufbaustudium der Volkswirtschaft bis 1988.
1989
Michail Chodorkowski und einige Geschäftspartner gründen eine der ersten Privatbanken in Russland, die Kommerzielle Innovationsbank für wissenschaftlich technischen Fortschritt, später MENATEP genannt.
1991
Staatliche Organisationen versuchen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ihre Gelder zu sichern. MENATEP wird zu einer finanzkräftigen Privatbank, da sie 600 Millionen Dollar des Finanzministeriums verwaltet.
1993, 15. April
Die russische Regierung gründet das Mineralölunternehmen JUKOS.
1993
Chodorkowski ist stellvertretender Minister für Energie, zuvor bereits Berater des russischen Ministerpräsidenten.
1995, Ende
JUKOS ist hochverschuldet und zahlt seinen Mitarbeitern seit sechs Monaten keinen Lohn. Die Ölförderung des Unternehmens geht empfindlich zurück, jährlich zwischen sieben und vierzehn Prozent bis auf ca. 40 Millionen Tonnen Öl pro Jahr. Nachdem das bis dahin staatliche Unternehmen vor dem Bankrott steht, wird JUKOS privatisiert.
1996
Zur Versteigerung von JUKOS findet eine geschlossene Verhandlung statt, die von der MENATEP-Bank organisiert wird. Nachdem die Konkurrenz wegen technischen Fehlern im Angebot nicht zugelassen wird, ist MENATEP der einzige Bieter. Die Bank kauft im Rahmen dieser Auktion zunächst 45 Prozent und weitere 33 Prozent um insgesamt 310 Millionen USD von der Regierung. Schon vor der Auktion hat Chodorkowski gute Kontakte zum JUKOS Präsidenten Murawlenko. Dieser gibt ihm für den Kauf von JUKOS-Aktien einen Kredit vom Konzern selber. Anders gesagt kauft Chodorkowski JUKOS mit JUKOS-Geldern und weiters noch mit den Geldern des Finanzministeriums, das seine Bank verwaltet.
1996-2003
Michail Chodorkowski wechselt von MENATEP in die Führung von JUKOS. Nach diversen Reformen steigt die Produktivität wieder um 10 Prozent pro Jahr an. 2003 werden 80 Millionen Tonnen Öl pro Jahr gefördert.
1997
JUKOS und Rosprom, ein weiterer Ölkonzern, fusionieren, Chodorkowski wird Vorstandsvorsitzender der Holding.
1998
Klage des Energieministeriums gegen Chodorkowski wegen Beleidigung, nach einem kritischen Zeitungsinterview, in dem er die Restriktionen der Erdölquote für die Zunahme an illegalen Verkäufen verantwortlich macht.
2001, Februar
Michail Chodorkowski gründet die Stiftung „Offenes Russland“, die zivilgesellschaftliches Engagement befördern will. Pro Jahr investiert die Stiftung 20 Millionen US-Dollar in Bildung, Wissenschaft, Gesundheitswesen und Kultur.
2002
Die Forbes-Liste nennt Michail Chodorkowski den reichsten Mann der Welt unter 40 Jahren.
2003, Anfang
JUKOS verhandelt in den USA mit EXXONMOBIL und CHEVRON TEXACO. Die beiden amerikanischen Firmen beabsichtigen, sich mit einem Anteil von 25 Prozent zu einem Kaufpreis von 20 Milliarden US Dollar an JUKOS zu beteiligen. JUKOS seinerseits soll mit SIBNEFT, dem viertgrößten russischen Ölkonzern fusionieren.
2003, 19. Februar
In einer vom Fernsehen live übertragenen Diskussion mit Präsident Wladimir Putin kritisiert Michail Chodorkowski Korruption unter Beamten. Diese Konfrontation wird von vielen Beobachtern als Wendepunkt der Entwicklung gesehen. Es geht um den umstrittenen Erwerb der Ölproduktionsfirma SEWERNAJA NEFT durch das staatliche Mineralölunternehmen ROSNEFT. Putin fragt im Gegenzug ob Chodorkowski Probleme mit
der Steuerbehörde habe.
2003, April
Chodorkowski unterstützt verschiedene politische Parteien wie „Jabloko“, die „KP“ und auch Putins „Einiges Russland“.
2003, 2. Juli
Platon Lebedew, Chodorkowskis Freund und Teilhaber von JUKOS, wird aus dem Krankenhaus heraus verhaftet. Ihm werden Korruptionsfälle im Zusammenhang mit der Privatisierung einer Düngemittelfirma vorgeworfen.
2003, 14. August
Die russische Kartellbehörde genehmigt die Fusion von JUKOS und SIBNEFT, mit der Russlands mächtigster Mineralölkonzern entstände. Der Hauptaktionär von SIBNEFT ist Roman Abramowitsch. Nach Gesprächen zwischen Abramowitsch und Präsident Putin wird die für Januar 2004 geplante Fusion annulliert.
2003, 25. Oktober
Michail Chodorkowski wird in Nowosibirsk festgenommen und in Moskau inhaftiert. Man beschuldigt ihn der Steuerhinterziehung und Unterschlagung in Milliardenhöhe. Seine Verhaftung löst einen Kurssturz an der Moskauer Börse aus und die Aktie von JUKOS bricht ein.
2004, 12. Juli
Beginn des Prozesses gegen Michail Chodorkowski und Platon Lebedew.
2004, Dezember
Die zuvor unbekannte Baikal Finance Group ersteigert auf einer Zwangsauktion die JUKOS-Tochter YUGANSKNEFTEGAZ, das wichtigste Ölförderunternehmen von JUKOS. Wegen Steuerschulden muss JUKOS Tochterunternehmen zwangsversteigern lassen, das Firmenvermögen ist eingefroren. Drei Tage nach der Auktion wird die Finanzgruppe vom staatlichen Ölkonzern ROSNEFT aufgekauft, damit gehört YUGANSKNEFTEGAZ zu ROSNEFT, der nun der zweitgrößte Mineralölkonzern Russlands ist. Aufsichtsratschef ist Igor Setschin, ein enger Mitarbeiter des damaligen russischen Präsidenten Wladimir Putin. Durch die Versteigerung von YUGANSKNEFTEGAZ entfallen für JUKOS circa 60
Prozent der gesamten Ölförderung, woraus der stetige Fall der Ertragskraft resultiert.
2005, Mai
Michail Chodorkowski und Platon Lebedew werden zu neun Jahren Straflager wegen schweren Betrugs und Steuerhinterziehung verurteilt. 2005 wird in einem Revisionsverfahren die Strafe auf acht Jahre reduziert.
2005, Oktober
Inhaftierung im Strafgefangenenlager in Krasnokamensk in Sibirien.
2006, 1. August
Ein Moskauer Gericht stellt den Bankrott von JUKOS fest, das Unternehmen wird aufgelöst.
2006
Die Stiftung „Offenes Russland” wird unter Druck der Regierung geschlossen.
2008
Aus Protest gegen die Verweigerung der medizinischen Behandlung des sich ebenfalls in Haft befindlichen ehemaligen JUKOS-Vizedirektors Wassili Alexanjan tritt Michail Chodorkowski im Januar in einen Hungerstreik. Im Februar wird Alexanjan gegen eine Kaution von 50 Millionen Rubel freigelassen, stirbt aber schon 2011 im Alter von 40 Jahren an den in der Haft erworbenen Krankheiten.
2009
Im zweiten Prozesses gegen Chodorkowski und Lebedew werden beide des Diebstahles von 350 Millionen Tonnen Öls, der Geldwäsche und Unterschlagung von Firmenvermögen angeklagt und schuldig gesprochen. Sie werden erneut zu sechs Jahren Strafgefangenenlager verurteilt.
2011
Das Urteil wird in einem Berufungsverfahren in Moskau bestätigt, allerdings die Haftstrafe um ein Jahr reduziert. Chodorkowski wird in ein Straflager in Karelien verlegt.
2013
Michail Chodorkowski wird überraschend vorzeitig unter Auflagen aus der Haft entlassen. Eine wichtige Auflage war dabei, politisch inaktiv zu bleiben. Er floh ins Exil nach Deutschland, dann weiter in die Schweiz, wo er nun mit seiner Familie lebt.
2014, März
Chodorkowski reist nach Kiew, um mit einer Rede am Maidan die prowestliche Führung der Ukraine zu unterstützen.
2014, September
Reaktivierung seiner Internationalen Kommunikationsplattform „Offenes Russland“, mit der er Russlands Weg zu rechtsstaatlichen Prinzipien unterstützen will. Außerdem setzt er sich für politische Häftlinge, unabhängige Medien und die politische Bildung der Bevölkerung ein.
Anamarija Ilioska (Klasse Franz Kumpl)
Karl-Heinz Gräfe, Die Wiedergeburt des Kapitalismus in Russland