25.11.2016, Die Presse, Irene Suchy
(...) Wenn Oper nicht nur ein steriler Abstellraum der musealen Aufführungen ist, dann genießt sie die Reibung des Widerstands der Moralisten, der religiösen Gruppen, der, nein, nur mancher politischer Parteien. Dann ist sie nicht Putz, sondern vielmehr Notwendigkeit, nicht Erinnerung, sondern Vorbereitung auf Erkenntnis. Es sind moderne Mythen, ungeglättet und noch nicht abgelegt in den Geschichtsbüchern, die das Musiktheater von heute erzählen soll, und es darf sich einen Namen aus dem Genre-Rahmen Oper wählen; „Oper“ oder auch„Ode“ oder „Opernode“, „Theater für ein Opernhaus“, „Dramma musicale“ oder, zum Beispiel, „Inszeniertes Konzert“.
Oper geht uns nahe, der oratorische Pazifismus des Ernst Krenek in „Pallas Athene weint“ oder der Krankenhauszyklus, den gerade dieser Tage, im Herbst 2016, das sirene Operntheater erfunden und erbaut hat. Sie hat mit uns und wir haben mit ihr zu tun, oder mit manchen von uns. Sie gibt uns etwas auf und bestärkt uns nicht in Vorurteilen.
Wenn Rennfahrer- und Boxer-Opern, Spitalsdramen und Opern über Wendehälse wie jene von Richard Dünser über „Radek“ ihr Publikum finden, warum dann in der Staatsopern-Verbannung? Die Hundertscharen des zeitgenössischen Musiktheaters, die ins Museumsquartier oder ins Akzenttheater pilgern, die des Musiktheaters wegen in Spielorte wie Hallenbäder oder Hofstallungen wandern, würden auch in die Staatsoper kommen. Warum sie also nicht einladen, in Form von Kooperationen, einer Neubelebung des Staatsopern-Studios, einer Gastspielkooperation? Warum das Risiko nicht gemeinsam tragen? Und den Erfolg auch?