Neue Musikzeitung (nmz), 12/2022 - 71. Jahrgang, Alexander Keuk
(...) Wien Modern zeigt auch 2022 eine beneidenswerte Vielfalt und Kontinuität in der Qualität, wobei sich Bernhard Günther auf eine quirlige Wiener Musikszene, die ständig Neues auch von bewährten Namen gebiert, ebenso verlassen kann, wie auf hochkarätige Ensemble- und Solistengastspiele. Exklusiv entstandene Neuproduktionen des Musiktheaters ziehen besonders starkes Interesse auf sich, und wenn so etwas Symbiotisches dabei herausspringt wie René Clemencics ätherisch-uriges „Kabbala“-Oratorium, das von einem hervorragenden Kammer(-vokal-)ensemble unterm Sternenhimmel im Planetarium Wien dargeboten wurde, dann ist das zwar noch nicht die halbe Miete für’s Festival, aber schon wieder ein Achtungszeichen der Lebendigkeit. Der Wiener Dirigent und Organist Clemencic (1928–2022) war natürlich über Jahrzehnte ein Doyen der Alten Musik, aber als Komponist kaum bekannt. Dem österreichischen sirene Operntheater sind mehrere Wiederentdeckungen und die kontinuierliche Pflege seiner Musik zu verdanken, die eine einzigartige Kühle und Strenge atmet und daher fast perfekt zu den unendlichen Proportionen und der erfahrbaren Schönheit der Gestirne passt. (...)