Mirela Ivicevic

Ivicevic, Mirela

Komponistin.

Uneingeschränkt, energisch, explosiv - Mirela Ivičević ist eine der fesselndsten Komponistinnen ihrer Generation. Ihre Werke werden bei internationalen Festivals aufgeführt und von renommierten Ensembles wie dem Klangforum Wien und dem Ensemble Nikel interpretiert.

Einige ihrer Stücke sind in enger Zusammenarbeit mit dem Black Page Orchestra entstanden, einem heterogenen Ensemble, das sie 2014 mitgründete. 

Ivičević wurde 1980 in Split, Kroatien, geboren. Sie studierte Komposition bei Željko Brkanović, Klaus-Peter Sattler und Beat Furrer.

Ist es möglich, dass die Sinne untereinander Resonanzen erzeugen? Ist es möglich, Erinnertes und Erlebtes akustisch darzustellen und: Wie viel Abstraktion braucht eine solche Übersetzung und wie viel verträgt sie, wenn sie uns in das Reich der Phantasie führen soll? Die Komponistin Mirela Ivičević verwandelt sinnliche und emotionale, aber auch politische und soziale Eindrücke in eindringliche und suggestive Werke.

Sie hat keine Skrupel, persönliche Erfahrungen zu verarbeiten, im Gegenteil - ihr Werk und ihre Biografie sind eng miteinander verwoben. Sie schreibt sich selbst in ihre Werke ein und verortet sich selbst. Ivičević geht es nicht um eine einfache Übersetzung ihrer Erfahrungen. Ihr Ansatz ist viel emotionaler, sinnlicher und unmittelbarer. Sie erweitert ihre Erfahrungen zu einem Klang, der zu einer Entdeckung, einer Erfindung wird.

Dabei bleibt das Erzählte immer in der Schwebe. In einer kritischen Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, aber auch mit ihrer eigenen Gefühlswelt, begibt sich Ivičević in historische, intime oder halbfiktionale Bereiche. Was sie beschäftigt, sind die mikro- und makropolitischen Fragen. Viele ihrer Werke kreisen um die Selbstermächtigung, die sie selbst erfahren hat. Sie erzählen von Beziehungen, von Sexualität und Schwangerschaft, aber auch von Ohnmacht, von Krieg und Zerstörung. Sie fordern Unabhängigkeit und Freiheit, einen Raum frei von Ideologien und Machtdynamiken. Dies geschieht nicht nur auf einer begrifflichen, sondern auch auf einer akustischen Ebene. Herrschende Ordnungen, hegemoniale Verhältnisse, sind Ivičević suspekt, egal in welchem Kontext. Es geht ihr darum, gegen sie zu rebellieren, gegen Grenzen, Tabus und festgelegte Bedeutungen zu verstoßen.

Deshalb ist sie auch keine Komponistin der schüchternen Töne. Ihre Musik brüllt, sie bäumt sich auf, sie schreit und stürzt ab, sie flucht und stöhnt. Hyperaktive Strukturen und hohe Dichten laufen auf ekstatische Ausbrüche zu, ein akustisches Inferno, ein großer Befreiungsschlag. Angespannt und anarchisch, ähneln Ivičevićs Kompositionen rebellischen Handlungen.

Mirela Ivicevic