Die Neue, 02. November 2004, Ivona Jelcic
Mini-Krisen in der Kiste - Schnelle Opern: In den Kammerspielen zeigten sieben Autoren und sieben Komponisten witzig-skurrile Spielarten zeitgenössischen Musiktheaters
Der Zufall regiert, so will es Regisseurin Kristine Tornquist, ab dem ersten Augenblick. Fünf Protagonisten greifen scheinbar wahllos zu ihren Kostümen und stürzen sich in die Operellen-Welt. Wem nur die Zwergenmütze bleibt, muß allerdings nicht winzig sein.
Minimalistisch geht es in den "7 Operellen" zwar zu. Aber was die Sprach- und Tonkünstler in jeweils vierzehn Minuten aus der vorgegebenen Figurenwelt herausholten, erreichte nicht selten auch große Momente. Johann und Johanna, Dieb, Zwerg und Voltaire tauchten - Mini-Première um Mini-Première neu verwandelt - aus einer wunderbar verspielten Spielzeugschachtel (Bühne: Walter Vogelweider, Kostüme: Julia Libiseller, Assistenz: Veronique Galland) auf.
Rosen als Wurfpfeile und ein gestohlenes Herz ordnete Walter Titz auf seinem Planeten an. Zur Musik von Peter Planyavsky glänzte hier Klaus Rohrmoser, einziger Schauspieler im Operellen-Ensemble, als Dieb mit Dandy-Allüren. Als Klagelied am Klo gelungen inszeniert und von Gilbert Handler gefühlvoll vertont outete sich Hermes Phettberg ("Schutt") im Operellen-Genre wieder einmal als autobiographischer Prediger des Selbstekels. Friederike Mayröcker ließ in "Stretta" Johanna im Jenseits nach ihrem Johann im Diesseits darben. Und Radek Knapp wollte Köpfe rollen sehen: er erleichterte Voltaires Schultern, sein Spiel mit menschlicher Eitelkeit setzte der Tiroler Christof Dienz in seinen Klangkaskaden fort. Tornquist, die mit "Schlaf der Gerechten" (Musik: Kurt Schwertsik) selbst eine Krise in der spießbürgerlichen Ehekiste beisteuerte, hat ihre Idee der Mini-Opern mit Höhen und Tiefen umgesetzt. Ganz ohne Bindeglieder wollte sie leider nicht auskommen.
Überflüssig, denn die Gesangssolisten Renate Fankhauser, Shauna Elkin, Dan Chamandy, Michael Wagner und das Tiroler Ensemble für Neue Musik unter der Leitung von Dorian Keilhack schienen sich in der Verkettung musikalischer und dichterischer Zufälle ohnehin sehr wohl zu fühlen.