klang:punkte, 2. November 2004
Operellen - millimeterkrisen und miniaturkatastrophen - Tiroler Landestheater bringt sieben Miniopern-Uraufführungen
Das Tiroler Landestheater präsentiert in Koproduktion mit dem Wiener sirene Operntheater sieben Mini-Opern. Am Sonntag (31.10.) durften sich 14 österreichische Autoren und Komponisten über "ihre" Innsbrucker Uraufführung der "Operellen" freuen.
Operellen sind Kürzest-Opern: Bekannte Schriftsteller schrieben die Libretti, nicht minder namhafte Komponisten schufen die Musik dazu. Die Idee zu diesem schon vor Jahren angedachten Projekt stammt von Kristine Tornquist, Gründerin des Wiener sirene Operntheaters. Sie trat auch als Regisseurin an. Das Thema ist vorgegeben: Fünf Personen auf einem kleinen Planeten: Johann und Johanna, Zwerg, Dieb und Voltaire. Das war der Stoff, mit dem Dichter und Musiker arbeiteten, ihre Fantasie spielen und sich paarweise ihre Miniopern einfallen lassen konnten, wobei die Würze in der Kürze liegen sollte. Das etwas seltsam anmutende Personal wird vertrauter, wenn man die symbolische Bedeutung der einzelnen Figuren in Betracht zieht: Johann und Johanna sind das Liebespaar schlechthin, der Zwerg ist eine Figur, der etwas fehlt, die immer benachteiligt ist, der Dieb steht für Handlung und Voltaire vertritt die Historie - somit sind alle wesentlichen Parameter für die Entwicklung eines Opernlibrettos gegeben: (Vor)Geschichte, Liebe, Sehnsucht und Veränderung.
Es kooperierten der Grazer Autor Walter Titz und Peter Planyavsky, Wiener Organist und Kirchenmusiker; Hosea Rathschiller und Lukas Tagwerker als junges Autorenduo vom ORF zusammen mit dem ungarischen Komponisten Akos Banlaky; Hermes Phettberg und der freischaffende Klangkünstler Gilbert Handler; die prominente Poetin Friederike Mayröcker und der mehrfach preisgekrönte Wiener Komponist Wolfram Wagner (Stretta. Lyrische Szene für Sopran, Tenor, Sprecher und neun Instrumente); der einstige Provokateur und Staatspreisträger Wolfgang Bauer und der Berliner Musiker Jury Everhartz, der aus Polen stammende Wiener Autor Radek Knapp und der Innsbrucker Komponist und Fagottist Christoph Dienz; schließlich Kristine Tornquist, die sich für ihren Text Kurt Schwertsik zum Komponisten erwählte.
Welche Resultate deren konzentrierte schöpferische Ideen hervorgebracht haben, kann man derzeit in Innsbruck in den Kammerspielen sehen und hören, dargeboten von vier Gesangssolisten (zwei Damen und zwei Herren) und Schauspieldirektor Klaus Rohrmoser als Sprecher. Die Bühne gestaltete der Grazer Walter Vogelweider, die Kostüme Julia Libiseller. Dirigent Dorian Keilhack bringt die sieben Kurzpartituren - jede in einer Länge von etwa 14 Minuten - in ihrer individuellen Eigenart zum Klingen. Unterstützt wird er dabei von seinem erstmals am Tiroler Landestheater agierenden Tiroler Ensemble für Neue Musik (TENM) mit drei Streichern, fünf Bläsern, Akkordeon und Schlagzeug.
Der sonntäglichen Uraufführung, zu der die Anwesenheit der Autoren und Komponisten erwartet wird, folgen noch vier weitere Vorstellungen (am 4., 7., 12. und 13. November), bevor die Produktion am 17. November in Wien Premiere hat und dort noch zwei Mal, am 19. und 20. November, jeweils im Jugendstiltheater, wiederholt wird.