Per Post, 27.2.2004, Wolfgang Wlk
Gestern war ich mit Dorli bei einer Welturaufführung im Jugendstiltheater Steinhof. Wir sahen und hörten Jury Everhartz´ neueste Oper "Oper für 12 Klaviere und ein Krokodil" nach einem Textfragment von Dostojewski aus dem Jahre 1865. Die Themen waren Ökonomie, Geschäftssinn, Freiheit, Moderne, MItgefühl, Sensationsgier, Bürokratie und bürokratisches Verhalten sowie Hilfsbereitschaft, Freundschaft und Liebe.
Ich empfand es wie eine Auszeichnung, noch nie gehörte Musik zu hören, die mich ansprach mit völlig neuen Klangerlebnissen, passagenweise aggressiven und dann wieder ganz zarten lyrischen Passagen. Musik von 12 Klavieren, die alle auf einmal spielen ist ja vom Konzept her schon etwas Exzeptionelles und nicht nur Phänomenales des Intellektes und der Phantasie eines Künstlers, der andererseits ein Mensch ist wie Du und ich. Dazu ausgezeichneter Gesang, der eine köstliche Klangmalerei war zum aktuellen menschlichen Verhalten in dieser Kurzgeschichte mit einem Hang zum Allgemeingültigen und der bizarren Vorstellung von einem Menschen, der von einem Krokodil verschluckt wird, im Bauch des Tieres überlebt, mit der Außenwelt weiter kommuniziert und spricht bzw. singt.
Das alles im Rahmen einer ausgezeichnete Regie mit schicken Kostümen, entsprechender Dramatik und burlesken Gags. Das Krokodil war ein grüner Kasten in der Form eines Klavierflügels. Der Deckel zur Tastatur war das Maul des Krokodils und der Schausteller des Krokodils konnte über eine ferngesteuerte Pneumatik das Maul oder auch den Klavierdeckel öffnen und schließen. Und in diesem Grünen Klavierkrokodil lag, saß, schwitzte? und sang der verschluckte russische Beamte. Assoziationen biblischer Geschichten kamen auf.
Zum Schluß warfen sich alle Pianistinnen und Pianisten sowie alle Sängerinnen und Sänger in den Rachen des grünen Tieres, das mir im Laufe der Oper sehr sympathisch geworden war und krochen durch den Körper des Tieres bzw. Resonanz-Körpers durch, um dann wieder geläutert (?) ins Freie zu gelangen. Dass ein Krokodil so lahme Zähne und Klaviermusik zeitweise bissiger als ein Krokodil sein kann, wurde mir gestern erstmals bewußt.
Nach der Oper gab es ein nettes Beisammensein mit den Künstlern und dem Komponisten. Eine wunderbare Schneelandschaft war beim Heimgehen kontrastreicher Abschluss und Ergänzung zum Thema dieser wunderbaren Oper.