El Koakeb (Die Planeten)

El Koakeb (Die Planeten) - Oktober 2012, Dr. Rania Yehia (1-2)

Kritik Türkenkind el koakeb

Türkenkind. Eine Oper der menschlichen Emotionen

Eine Reise in der Zeit mit Nina Maria Plangg

Türkenkind“ ist der Titel einer österreichischen einaktigen Monooper, die vom Publikum aufgrund der hervorragenden Leistung der Protagonistin der Aufführung, der Sängerin Nina Maria Plangg, sehr wohlwollend aufgenommen wurde. Die Künstlerin ist eine Absolventin der Bruckner-Universität Linz, an der sie das Studium mit Auszeichnung abgeschlossen hat. Sie trat bereits in zahlreichen Opern als Hauptdarstellerin auf. Auf der Bühne verkörpert Nina Plangg die Figur der Anna Maria mit Präsenz und überwältigender Ausstrahlung. Hinzu kommt ihre Fähigkeit, die Oper mit phantastischer Professionalität zu singen, trotz der Vielschichtigkeit dieses Werks und der Überschneidung polyphoner Melodien, die einer Sängerin Schwierigkeiten bereiten können. Plangg jedoch vermochte das Publikum durch ihre ausgeprägte Darbietung und ihre Beherrschung der Gesangstechnik, gepaart mit hoher körperlicher Fitness und charakterlicher Tiefe, davon zu überzeugen, dass sie in einigen Szenen tatsächlich die alte Dame ist. Sie stellte diese dar, indem sie sich auf einen Stock stützte, aber auch durch Übertreibung, ein symbiotisches Verschmelzen mit der Anna Maria und menschliche Empathie für die Figur.

Gemeinsam mit ihr standen Daniel Mavambu Biba und Jules Lazare Mekontchou in stummen Rollen als Engel auf der Bühne.

Ein Monodrama ist eine Form der dramatischen Kunst, die sich während der gesamten Darbietung auf die Leistung eines Protagonisten stützt, der verantwortlich dafür ist, die Botschaft des Werks zu vermitteln. Daneben gibt es andere künstlerische Elemente, und das Libretto kann weitere Darsteller einsetzen, deren Rollen jedoch durchgängig stumm sein müssen. Die Kammeroper ist eine Form der Oper, die von einem Kammerorchester anstelle eines großen Orchesters begleitet wird, um so der Natur ihrer Themen gerecht zu werden und die Aufführung an jedem beliebigen Ort zu ermöglichen.

Der Stoff dieser Oper stammt von der Autorin und Historikerin Irène Montjoye, die 1975 einen Doktorgrad in Vergleichender Literaturwissenschaft erwarb. Angeregt durch ihre Beschäftigung mit der Geschichte wurde die Handlung vom wahren Leben der Anna Maria inspiriert. Im Stück ist die Hauptfigur 85 Jahre alt und es werden ihre Erfahrungen geschildert: wie sie ihre Heimat unter Zwang verlässt, auswandert und ein neues Zuhause in einer anderen Kultur sucht. Dabei erinnert sie sich an ihren Mann Johann, den sie im Alter von siebzehn Jahren heiratete, an den Moment, in dem sie von zu Hause entführt und auf dem Sklavenmarkt verkauft wurde, und an den Verlust ihrer Schwester Elena. Die Rückkehr in die Vergangenheit macht die Geschichte zu einer Zeitreise durch das Leben, das Land und die Musik.

Inszeniert wurde die Oper von der Regisseurin Kristine Tornquist, die sich mit diesem Operngenre beschäftigt. Es basiert auf der Einfachheit aller dramatischen und szenischen Elemente der Darbietung, was der besseren Kommunikation zwischen Künstler und Publikum dient. Es ist, als würde man vom Boden der Realität entfernt und in eine andere, imaginäre Welt mitgenommen, in welcher man in einer tragischen Atmosphäre von der Türkei nach Österreich reist.

Die Musik stammt von dem 1962 geborenen Österreicher Wolfram Wagner, der bereits zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Er ist ein produktiver Komponist von Werken für verschiedene Instrumente und hat daneben drei Opern, ein Ballett, zwei Oratorien und zahlreiche Orchester- und Chorwerke für Chöre, Solisten sowie Kammermusik komponiert.

Der Komponist hat diese Oper mit einer Besetzung von vierzehn Instrumenten ausgestattet, neben den Streichinstrumenten Geige, Bratsche, Cello und Kontrabass sind dies die Holz- und Blechblasinstrumente Flöte, Klarinette, Oboe, Fagott, Horn, Trompete und Posaune sowie Schlaginstrumente. Zusätzlich kommt die orientalische Oud zum Einsatz, durch die es dem Komponisten gelingt, das adressierte Publikum in einen Zustand des ästhetischen Hörgenusses zu versetzen. Indem der Hör- und der Sehsinn angesprochen werden, werden die Betrachter mit ihren Gefühlsregungen vor ihrem geistigen Auge von einem Ort an einen anderen befördert. Durch dieses Instrument mit seinem ursprünglichen orientalischen Charakter wird zum Ausdruck gebracht, dass sich Anna in der Türkei befindet.

Dem Komponisten gelingt es, sich mit Sorgfalt zwischen den Tempi zu bewegen, wobei er komplexe Rhythmen und moderne Techniken des 20. Jahrhunderts einsetzt, um neue Klangfarben hervorzubringen, die den Ablauf der Ereignisse dramatisieren. Der Wechsel von Melodien zwischen den Instrumenten zeigt am deutlichsten, wie gut die Farben des Orchesters eingesetzt werden. Sie spiegeln die Fähigkeiten des Komponisten und seine Beherrschung der Klangfarben wider, so in den Soli des Kontrabasses mit seinem sehr tiefen Klang oder in der Begleitung des Cellos, welches eine Art von dramatischer klanglicher Resonanz einführt, die der Geschichte und den Ereignissen auf der Bühne entspricht. Auch der Einsatz der orientalischen Trommel Darbuka durch die als stumme Rollen an der Aufführung beteiligten Engel, der die Melodie der Oud begleitet, wird in professioneller und akademischer Weise dargeboten, erfüllt von einem orientalischen Empfinden, das die Natur des seelischen, ästhetischen und örtlichen Zustands des Geschehens widerspiegelt.

Der junge, 1971 in Berlin geborene Dirigent Jury Everhartz trug ebenfalls dazu bei, dass die Reflexion der ästhetischen Dimension beim Publikum ankam. Er stellte sein Können bei der Leitung des Orchesters unter Beweis und vermochte es, den ästhetischen Zustand durch den Einsatz der Instrumente zum Ausdruck zu bringen und mit der geringen Zahl dieser Instrumente der psychologischen Atmosphäre Geltung zu verleihen, und dies trotz großer Schwierigkeiten, die bei der Darbietung der Musiker zu beobachten waren, wenn durch einige kurze melodische Motive die Bewegung oder schauspielerische Darstellung musikalisch zum Ausdruck gebracht wurden. Die Idee, einen einzelnen Schauspieler oder Sänger zum Helden einer Aufführung zu machen, lässt die Musikinstrumente durch ihre Stimmen zu Beteiligten des dramatischen Geschehens werden, die Musik spielt also eine Hauptrolle neben der Heldin.

Türkenkind ist somit eine audiovisuelle Produktion, die zahlreiche menschliche Bedeutungen in sich birgt. Es ist eine Einladung, die einen modernen und anspruchsvollen Stil der Regie, der Beleuchtung, der Dekoration und verschiedener Elemente, die sich durch Einfachheit und Exzellenz auszeichnen, transportiert. Die Aufführung beschränkt sich auf eine gedämpfte Beleuchtung, die eine positive Rolle bei der Vermittlung eines realistischen emotionalen Zustands an das Publikum spielt. Das Bühnenbild ist einfach und besteht während der gesamten Aufführung nur aus einer Tür, einem Sofa und einem Gemälde, also sehr simplen Elementen, die keine exzessiven Produktionskosten verursachen. Was die Kostüme betrifft, so trägt die Heldin zu Beginn etliche Kleidungsstücke, die sie nach und nach ablegt, während die Ereignisse sich in die Vergangenheit bewegen, bis sie innerhalb von neun Szenen in ihrer Kindheit angelangt ist.

Ungeachtet der exorbitanten Summen, die für die Produktion vieler Opern- und Theateraufführungen aufgewendet werden, erreichen diese nicht den kreativen künstlerischen Zustand, den diese Oper trotz der Einfachheit ihres Themas, ihrer Grundidee und aller Elemente zu erlangen vermag. So gelang es, das gesamte Publikum anzusprechen, obwohl die Sprache der Oper hauptsächlich Deutsch ist, denn die Sprache des Ausdrucks und der wunderbaren Darbietung der jungen Sängerin mit ihrer körperlichen Präsenz und Gewandtheit vermochten es, die Herzen und den Verstand der Zuschauer zu erreichen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Opernaufführung mehr als nur wunderbar ist und die Aufmerksamkeit sowohl der Musik- und Opernschaffenden als auch der daran Interessierten auf sich gezogen hat, da diese Form der Oper in Ägypten neu ist, während derartige Opern in vielen Ländern der westlichen Welt nichts Neues sind. Es handelt sich aber um eine allgemeine und umfassende musikalische Kunst, die von jedem gekostet werden kann, der ein Interesse an solchen Kunstwerken in sich trägt und sie als Werke goutiert, die unsere menschlichen Gefühle in ihren unterschiedlichen Umgebungen, Kulturen und Zivilisationen ansprechen.

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