Kein Erbarmen!
Der Nationalismus wird nämlich nicht irgendwo von einer geläuterten, menschenfreundlichen Übernationalität abgelöst, sondern von einem neuen Rassismus, von jenem ökonomischen Rassismus, der die Menschen nicht mehr nach ihrer Hautfarbe, sondern nach dem Rassemerkmal des Geldes unterscheidet. Karl-Markus Gauß
Kein Erbarmen! ist eine Serie von 28 eineinhalbstündigen, performativen Symposien, in denen den Ursachen für die laufend wachsenden Ansprüche an caritative Einrichtungen auf den Grund gegangen wird. Ohne monokausale Erklärungen zu suchen für das komplexe Bündel von allgemeinen Rahmenbedingungen und individuellen Gegebenheiten, die Menschen dem Hunger, der Obdachlosigkeit, dem Verlust ihrer Freiheit oder verschiedenen Krankheiten preisgeben, richtet die Veranstaltungsreihe einen konzentrierten Blick auf die Rolle, die das aktuelle finanzkapitalistische Wirtschaftssystem bei der Entstehung jener Nöte spielt, welche durch die Werke der Barmherzigkeit gelindert werden sollen.
Wir fragen: Geht es auch anders? Sind wir in der Lage, Formen des Wirtschaftens und Verteilens zu etablieren, die keine der Barmherzigkeit bedürftigen Menschen zurücklassen? Soll die Zukunft des sozialen Zusammenhalts und des Schicksals der Biosphäre weiterhin der unsichtbaren Hand des Marktes überlassen bleiben oder ist eine am Gemeinwohl orientierte Wirtschaftsordnung ein gangbarer Weg für das friedvolle Zusammenleben der Menschen untereinander und mit dem Planeten, den wir bewohnen?
28 kurze Symposien gegen das Elend. Filme, Lieder, Brandreden, Interviews und Streitgespräche, zusammengestellt von Sven Hartberger. Ein Beitrag der Akademie für Gemeinwohl.
Kein Erbarmen! basiert auf einem weiten Kulturverständnis, das über den engen Kunstbereich hinausgeht, mit dem der Begriff zumeist primär assoziiert wird. Die Einführung in die Kunst des gesellschaftlichen Wandels (Uwe Schneidewind) und die Leistung eines Beitrags zur notwendigen, am Gemeinwohl orientierten Transformation unseres Wirtschaftens und unserer Gesellschaft sind aktuell wahrscheinlich die wesentlichste Aufgabe aller Kulturschaffenden.
Kein Erbarmen! unternimmt es in diesem Sinn, Menschen mit sehr unterschiedlichem kulturellem Hintergrund ins Gespräch über die Gestaltung des sozialen Miteinanders in unserer Stadt Wien, in Österreich und im Europa der Zukunft zu bringen. Wir sehen einen Film aus der Klangforum-Produktion Happiness Machine, hören ein Lied von Georg Kreisler und sprechen miteinander über die Ursachen des Elends, denen wir, dem Aufruf Victor Hugos vom 9. Juli 1849 folgend, nicht mit Barmherzigkeit, sondern mit ihrer Beseitigung begegnen wollen: Détruire la misère! - Das Elend aus der Welt schaffen.